Zur Akte Filbinger

Im Baseblog (http://www.deutsch.baseface.com) hatte ich heute morgen zum Thema Filbinger in dem Beitrag Funeral Party (http://www.deutsch.baseface.com/funeral-party) folgenden Kommentar geschrieben:

„Ich glaube nicht, dass Filbinger ein überzeugter Nazi war, nur hat er sich bereitwillig auf deren Linie begeben um Karriere machen zu können. Er hat sich damit zum Teil des Ganzen gemacht und den Laden am Laufen gehalten. Diese moralische Schuld hat er, da braucht man sich gar nicht in juristischen Spitzfindigkeiten zu verlieren.

Was man bei ihm vermisst, ist dass er sich mit diesem Teil seiner Schuld nach dem Krieg nicht auseinandergesetzt hat. Dieses widerliche ‚Aber ich habe doch niemandem geschadet.‘, ‚Die Zeit war eben so.‘, ‚Ich konnte gar nichts tun.‘ kommt immer von den Tätern und Mitläufern, das ist auch aus der DDR-Zeit bekannt.

Das Wesentliche: Er hätte nicht Jura studieren müssen. Wäre sein Abscheu vor den Nazis so groß gewesen, hätte er für sich den Schluss gezogen, wenn ein Studium der Rechtswissenschaften nur möglich ist, in dem ich Mitglied in der NSDAP und im NS-Studentenbund werde, dann studiere ich eben nicht. Er hat sich anders entschieden, menschlich verständlich aber eben moralisch verwerflich. Ein Opportunist und Mitläufer war Filbinger und ist dadurch schuldig geworden, auch wenn er selber das nie eingesehen hat.

Das sich Oettinger jetzt diese relativierende Sicht Filbingers zu eigen macht, ist einfach nur zum Kotzen. Eine Beerdigung ist nicht der richtige Ort für eine Generalabrechnung mit dem Verstorbenen. Richtig. Aber die dunklen Seiten eines Menschen nun in strahlend weiße zu verkehren, ist auch falsch.“

Dazu noch ein paar Gedanken:
Es ist keine Frage, dass es schlimmere Nazis im Dritten Reich gab als Filbinger und für einen Nazi halte ich ihn. Man könnte noch differenzieren zwischen Nazis aus Überzeugung und Nazis aus Karrieregründen wie Filbinger. Wobei mir der Karrierenazi eigentlich die größere Gänsehaut macht.

Ich halte Filbinger noch nicht einmal seine Vergangenheit vor, was mich stört ist seine später fehlende kritische Auseinandersetzung mit seiner Rolle in dieser Zeit. Immer dieses vertuschen, verschleiern, sich nicht erinnern können, abstreiten, Hetzkampagne rufen – einfach widerlich. Man kann auch nicht alles mit dem Totschlagsargument „Ihr Nachgeborenen habt ja keine Ahnung.“ zu den Akten legen.

Es geht mir nicht darum, ob Filbinger juristisch eine Schuld nachzuweisen ist, wahrscheinlich ist sie das nicht einmal, ich sehe die moralische Frage. Mir geht es nicht darum naseweise Ratschläge zu geben: Er und andere in dieser Zeit hätte sich so und so verhalten müssen, hätten Widerstand leisten müssen etc., das ist nachträglich aus der sicheren Zukunft ziemlich billig. Ich wäre wohl selbst auch kein Widerstandskämpfer geworden. Aber wenn sich einer aus Karrieregründen, die ich sogar verstehen kann, mit dem Teufel einlässt, macht er sich schmutzig. Der Dreck klebt am Rock, es bleibt ihm nichts anders übrig als es später wenigstens einzugestehen.

Nachtrag 19.05.2007 10:59 Uhr:
Wie ich bemerken musste, werden die Links zum nicht mehr existierenden Blog „Baseblog“ zu einer inhaltsfremden „Videoseite“ umgeleitet. Da für Außenstehende somit ein verwirrender Eindruck entsteht, habe ich die vormals aktiven Links, die nach der Löschung des Blogs „Baseblog“ und vor der Umleitung eine logische 404 Fehlermeldung erzeugten, deaktiviert.