Am Tag bevor mir Frau Lh. starb, kam zu ihr ein Bereitschaftsarzt zum Hausbesuch. Ich hatte lange gezögert ihn anzufordern, denn ich wollte vermeiden, dass ein überforderter Orthopäde oder Frauenarzt, der eben zufällig gerade Bereitschaftsdienst hat, aus Angst etwas falsch zu machen oder um überhaupt etwas zu machen auf die Idee verfällt, die sterbende Frau ins Krankenhaus einzuweisen. Nichts finde ich schlimmer.
Es kam ein junger Arzt, mit dem ich noch nie zu tun hatte. Ich schilderte ihm meine Sichtweise, vier Rettungssanitäter standen um uns herum, von denen einer zustimmend nickte, die anderen schauten unbeteiligt. Zu meiner Überraschung stimmte mir der Arzt vollkommen zu und lobte beim Gehen ausdrücklich meinen Standpunkt in der Angelegenheit. Oft fände man in Pflegeheimen Pfleger, die aus Überforderung, aus Angst etwas falsch zu machen oder um überhaupt etwas zu machen sterbende Patienten ins Krankenhaus einweisen lassen wollten. Nichts fände er schlimmer.