An der EUGAL-Trasse.
Querung des Tales der Gimmlitz in der Ortslage Lichtenberg, Osterzgebirge.
Monat: Juli 2019
FGW/XXIV/8
An der EUGAL-Trasse zwischen Niederbobritzsch und Hilbersdorf.
Über die Grenze
Bei Hitze verzieh ich mich gern ins Gebirge. Gestern ein Streif durch Zinnwald-Georgenfeld und schließlich nach Böhmisch-Zinnwald hinüber. Die ramponierte katholische Kirche Mariä Himmelfahrt mit verwildertem Friedhof hab ich mir dort angesehen. Schief stehende oder umgefallene Grabsteine, wo noch lesbar meist mit deutschen Inschriften, erinnern an die nahezu rein deutschsprachige Besiedlung jenseits der Grenze bis zur Vertreibung der Sudetendeutschen und der darauf folgenden Zerstörung vieler Dörfer im Kammgebiet auf tschechischer Seite. Berührt mich immer wieder als Nachkomme heimatvertriebener Schlesier väterlicherseits.
Als ich am Straßenrand ein Schild las, hielt neben mir ein bärtiger Motorradfahrer und sprach mich freundlich auf tschechisch an. Leider verstehe ich aufgerundet vielleicht fünf Worte in dieser Sprache, das bemerkte er schnell. Deshalb wechselte er zu englisch, um mir mitzuteilen, dass ich mir keine Sorgen machen solle. Wahrscheinlich nahm er an, ich befürchtete von ihm überfallen zu werden. Das war jedoch gar nicht meine Erwartungshaltung, denn ich wurde noch nie von Motorradfahrern am Straßenrand überfallen. Ich habe eher eine Kommunikationsallergie (völkerübergreifend). Zum Abschied brachte er dann seine ihm bekannten deutschen Wörter zu Anwendung und wünschte mir ein schönes Wochenende.
FGW/XXIV/6
An der EUGAL-Trasse.
Rechtsseitiger Anstieg vom Tal der Freiberger Mulde bei Mulda/Sa. auf die Hochfläche.
Beifang
Gedichte sind nicht so meins, ich bin ein prosaischer Typ. Dennoch klebt mir seit Tagen – so glaube ich – der Fetzen einer Gedichtzeile im Hirn. Der Versuch einer Suche im Internet führte zu nichts. Das heißt, ich fand etwas anderes. Auch schön.
Große Zeiten
Die Zeit ist viel zu groß, so groß ist sie.
Sie wächst zu rasch. Es wird ihr schlecht bekommen.
Man nimmt ihr täglich Maß und denkt beklommen:
So groß wie heute war die Zeit noch nie.
Sie wuchs. Sie wächst. Schon geht sie aus den Fugen.
Was tut der Mensch dagegen? Er ist gut.
Rings in den Wasserköpfen steigt die Flut.
Und Ebbe wird es im Gehirn der Klugen.
Der Optimistfink schlägt im Blätterwald.
Die guten Leute, die ihm Futter gaben,
sind glücklich, daß sie einen Vogel haben.
Der Zukunft werden sacht die Füße kalt.
Wer warnen will, den straft man mit Verachtung.
Die Dummheit wurde zur Epidemie.
So groß wie heute war die Zeit noch nie.
Ein Volk versinkt in geistiger Umnachtung.
Erich Kästner