Film oder Realität oder Film

Gestern wieder einmal „Lost in Translation“ gesehen. Einsamkeit und Verlorenheit, die einem in einer fremden, unverständlichen, gar rätselhaften Umgebung erst richtig zu Bewusstsein kommen…

Habe seit einiger Zeit den Eindruck, dass L. und ich das im Kleinen in einem einzigen Haus in der Version „Lost in Corona“ nachspielen. Sie ist 19 und arbeitet auf der Isolierstation, ich bin 47 und arbeite im ganzen Haus. Sie hat meistens Tagdienst, ich immer Nachtdienst jetzt häufig wieder in der 12 Stunden Variante. Wir haben uns ewig nicht gesehen, wir telefonieren nur lange, früh wenn sie kommt und abends wenn sie geht. Sie hält sich erstaunlich gut zwischen all dem Tod und Verderben. Zwischen L. und mir hat sich eine Vertrautheit entwickelt, die ich gar nicht für möglich gehalten hätte. Ihr Durchhalte- und Einfühlungsvermögen beeindrucken mich.

„Lost in Translation“ – ein schöner Film. Gute Szenen, Charaktere glaubhaft dargestellt, gelungene Improvisationen.

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Wasserstandsmeldungen

Haben jetzt eine Isolierstation – ist schon voll. Im Haus tauchen immer wieder Infizierte auf unter den Bewohnern und unter dem Personal. Ein Muster ist nicht zu erkennen. Montag wieder einmal ein PCR-Test für das Personal, der vierte in meinem Fall und bisher alle negativ. Falls positiv und man nicht krank ist, darf man auf der Isolierstation weiter arbeiten. Häusliche Absonderung ist für Pussies. Realistisch gesehen ist ein Bewohner an den Folgen der Infektion gestorben, hohes Fieber, Lungenentzündung, tot. Die anderen sind einfach so gestorben, die Vereinsamung wird ihren Teil dazu beigetragen haben und das die Krankenhäuser in diesen Zeiten nicht auf alte, multimorbide Leute warten, um Diagnostik wie aus dem Lehrbuch zu betreiben. Bleiben also meist in der Einrichtung, gucken die Wand an und – hoppla – manchmal ziehen sie den kürzeren.

Risikogruppe, basta!

Der Heiminsasse von heute muss geschützt werden! Einmal vor Zeugen gehustet und zack: Stubenarrest. Da können sie noch so lamentieren, die alten Leute, dass sie doch seit Jahren schon chronische Bronchitis oder sich gar nur an einem Krümel verschluckt hätten. Alles Schutzbehauptungen! Es ist COVID19! Immer! Meistens! Manchmal! Egal! Alle müssen geschützt werden ob sie wollen oder nicht. Sonstige sekundären Grundrechte haben da zurückzustehen. Muss man doch einsehen, will man kein hysterischer Coronaleugner sein.

Präzisierung

Meine kleine Friseuse fragte mich vor kurzem, ob es mir nichts ausmache, wenn mir immer wieder Leute sterben würden. Ich habe das mit „Nein“ beantwortet, was sachlich richtig ist. Dennoch ist diese Auskunft unzureichend. Nicht das Sterben von Menschen in meiner Verantwortung macht mir etwas aus, sondern die zum Teil würdelosen Begleitumstände sind es – und diese verdränge ich um weiter funktionieren zu können. Klappt noch ganz gut.

Läuft

Haben jetzt auch jeweils zwei dieser in Heimarbeit genähten MNS ausschließlich für den Dienstgebrauch erhalten. Das Muster im Sichtbereich entspricht allerdings nicht meinen Wünschen – Totenköpfe waren vermutlich aus. Wir führen auch permanent Listen was so alles desinfiziert wird. Nach allem was man liest, desinfizieren wir nebenbei und zusätzlich zum Tagesgeschäft ziemlich viel. Die gute Nachricht: An Listen ist bisher kein Mangel!