Es war einmal

S. erschien zufällig in meinem Garten als ich dort in schmutzigen Sachen und stinkend wie ein Tier gegen die erwachende Natur ankämpfte. In der Schule war sie eines der hübschesten Mädchen und hatte einen Freund nach dem anderen, ich dagegen den Status des vertrauten Wasserträgers. Die Kombination schüchterner Introvertierter ist wirklich übel in Bezug auf Frauen. Später haben wir uns etwas aus den Augen verloren. Vor einiger Zeit hörte ich, dass ihrem langjährigen Freund überraschend eingefallen ist, dass er eigentlich schwul ist. Eine herbe Erfahrung.

Vor vier Jahren hatte ich einmal zugesagt einen Kaffee mit ihr trinken zu gehen. Das wusste sie noch. Ich glaube, sie denkt, ich sitze immer noch auf der Reservebank. Das Versprechen des Kaffeetrinkengehens wurde erneuert, doch insgeheim preise ich den ewigen Lockdown – mit viel Glück hält er noch mal mindestens vier Jahre. Der Wasserträger hat jetzt andere Aufgaben.

Nicht nur müde

Einzelgängerisches Verhalten scheint zunehmend als protofaschistisch zu gelten. Ich freue mich also mitteilen zu dürfen, dass ich mich morgen seit längerer Zeit wieder einmal mit N. (einer Frau!) treffe. Das letzte Mal hatte sich aus persönlichen Gründen zerschlagen.

Seit einiger Zeit verspüre ich wenig Drang etwas zu schreiben auch zum Fotografieren komme ich kaum. Ich bin erschöpft, das kann man so sagen. Das hysterische gesellschaftliche Klima ist auch nicht förderlich. Eine tiefe und langanhaltende Spaltung Deutschlands kann man nur konstatieren.

Erste Hilfe

Gestern ein wenig rund um den Ochsenkopf in Glashütte spaziert. Ich war spät dran, es war kalt und ich etwas missgelaunt. Um sich abzulenken von Dingen, die man nicht ändern kann, sollte man sich mit etwas Schönem befassen. Glashüttes Karriere als Bergstadt ist schon länger Geschichte, die als Standort der Uhrenindustrie blüht wieder. In diesem kleinen Ort werden so schöne mechanische Uhren hergestellt, man glaubt es kaum. Mir gefallen besonders die einfach und elegant gehaltenen, die gleichzeitig mit höchster Präzision laufen. Will man es schwarz auf weiß, kommt man um ein Chronometer nicht herum. Wie es der Zufall will, liegt auf dem Ochsenkopf die Sternwarte Glashütte. Von Wempe wurde das verfallene Gebäude saniert und beherbergt seitdem die einzige Chronometerprüfstelle Deutschlands. Sollte ich mir irgendwann einmal eine Teutonia II Chronometer von Mühle kaufen, würde sie genau dort zertifiziert. Nach solcherart Überlegungen ging es mir sofort spürbar besser.

Generelles Unbehagen

Verstimmt, weil mich die Umstände zwingen immer konservativer werden zu müssen. Eine Entwicklung, die ich früher gar nicht für möglich gehalten hätte. Langsam schicke ich mich aber darein. Hysterie – auch gut gemeinte – ist nie ein guter Ratgeber. Als gewesener Naturwissenschaftler bevorzuge ich immer noch das wissenschaftliche Arbeiten, also das kritische Auseinandersetzen mit Themen, eine systematische Herangehensweise und klare Definitionen – kurz eine saubere Arbeitsweise. Moralisches Erhabensein an sich ist kein Argument.

Feststellung

Ich vermisse die Zeit als es noch Stil und Anstand, Höflichkeit und gute Manieren gab. Ich weiß, so hören sich angeblich alte (weiße), frustrierte Männer an. Nur bin ich nicht frustriert, ich bin nur angeekelt. Der heute dominierende rüpelhafte und hysterische Umgangston, in welchem jede noch so belanglose Befindlichkeit ohne Rücksicht laut hinaus gegreint werden muss, geht mir unheimlich auf den Sack – mit Verlaub gesagt.