Neue Ideen

„Allgemeine Wahlen näherten sich ihrem Höhepunkt. Die Wahl dauerte fünfzehn Tage, und am ersten Tag kamen zumindest in einem der Wahllokale von Kundus nur vier Leute zur Abstimmung. Eine parlamentarische Regierung war in Afghanistan eine neue Idee, und der König ernannte immer noch Minister ohne Zusammenhang mit Wahlen, wenngleich 1964 Mitglieder der Königsfamilie von diesen Posten ausgeschlossen worden waren, vielleicht weil ein Cousin als Premierminister die Position des Königs eher schwächte als stärkte. Es gab keine Parteien im europäischen Sinne. […] Ein Ergebnis war in Chardara bekanntgegeben worden, […], doch fünf weitere Wahltage waren noch zu bestehen. Als die Ergebnisse durchgesagt wurden, gab man sie nach draußen weiter und vier oder fünf Gewehre wurden in die Luft abgefeuert.“

Peter Levi, Im Garten des Lichts, Mit Bruce Chatwin durch Afghanistan, 1969

Kundus 1969

„… ,doch in zwanzig Jahren ist Kundus die lebendigste Stadt in Afghanistan geworden. Sie hat zwei Theater mit einem Programm, das jeden Abend wechselt, und das läßt sich nicht einmal von Kabul sagen, es hat ein Museum und eine seltsame, unbenutzte kleine Bibliothek. Zugleich ist es in sehr großem Maße eine Landstadt, Kamele, die mit blaugrauer Artemisia beladen sind, ziehen an den bemalten Lastwagen und den Ponykarren vorüber, der Asphalt nach Osten erstirbt nahezu in Sichtweite des zentralen Verkehrspolizisten; man kann für einen Spottpreis die besten Melonen kaufen, die es auf der ganzen Welt gibt, manchmal reiten usbekische Jungen auf großen Pferden ohne Sattel durch die Straßen. Es existiert ein gewisses Destillat aus Staub, Schatten und Frieden, welches die Atmosphäre des Provinziellen überall auf der Welt ausmacht, und Kundus hat diese Atmosphäre in sehr reiner Form.“

Peter Levi, Im Garten des Lichts, Mit Bruce Chatwin durch Afghanistan, 1969

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Tal von Bamian

„Bamian besteht aus Bäumen, Flüssen, Höhlen. Das kleine Hotel steht oberhalb auf einer südlichen Klippe, mit einer kleinen Rollbahn dahinter, und wiederum dahinter erhebt sich im Norden die schneebedeckte Kette von Koh-i-Baba. Die Sonne ging genau am Ende des Tales unter, wie eine klare gelbe Flüssigkeit, die aus einem blaßblauen Himmel ablief. Das Tal war dämmrig und friedvoll. Zwei kräftig gebaute Buddhas ragen in Nischen in der nördlichen Felswand empor, wobei jede der Figuren gut über dreißig Meter hoch ist. Einstmals waren sie rot und gold, jetzt sind sie von derselben Lehmfarbe wie die Wand. …“

Peter Levi, Im Garten des Lichts, Mit Bruce Chatwin durch Afghanistan, 1969

Diese ungefähr 1500 Jahre alten Buddha-Statuen wurden 2001 von den Taliban gesprengt, vielleicht erinnert sich jemand daran. Ich sehe darin weniger einen Akt religiöser Verblendung als vielmehr ein Zeichen ausgesprochener Dummheit und Kulturbanausentums.

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Annäherung

„Kabul liegt in großer Höhe, verloren inmitten von Bergen; es ist eine wenig gepflegte Stadt, umgeben von Weizenfeldern, die rauhen Matten ähneln, und von grauschwarzen Bergen, die Ende Juni noch von Schneeflecken übersät sind. Während man sich aus der Luft herabsenkt, sieht man um die Stadt herum die Zelte und Herden der Nomaden. Wenn man den Boden erreicht, gewinnen die Berge ihre Höhe, und der Schnee, der dort liegt, ist ein langgezogenes Muster aus Streifen und Flecken; er sieht aus wie kufische Schrift, geprägt auf den intensiven Hintergrund der Luft. Die Hitze ist indisch. …“

Peter Levi, Im Garten des Lichts, Mit Bruce Chatwin durch Afghanistan, 1969

Afghanistan

Ein neues Buch: Peter Levi, Im Garten des Lichts, Mit Bruce Chatwin durch Afghanistan. Die Kritiken auf Amazon sind nicht besonders, ich gebe nichts darauf. Ich ärgere mich nur, sie überhaupt gelesen zu haben.

Eine Reise durch Afghanistan – 1969 – vor der russischen Invasion, vor dem Bürgerkrieg, vor den Taliban und den heutigen afghanischen Abenteuern der westlichen Welt. Ich freue mich auf Eindrücke aus einem noch unzerstörten Land mit alter Kultur. Heute ist davon nicht mehr viel übrig.