Vom Kriege

Immer wieder beeindruckt mich die MASH-Episode, in der Dr. Winchester wie gewohnt von sich selbst begeistert einem Verwundeten berichtet, wie er durch sein überragendes Können dessen schwer verletztes Bein vor der Amputation gerettet habe. Die rechte Hand des Verwundeten allerdings werde durch eine Beschädigung der Nerven in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt bleiben, was im Alltag aber nicht weiter auffiele. Großen Dank erwartend ist Dr. Winchester zutiefst bestürzt als er hört, dass dem verzweifelten Verwundeten sein Bein völlig egal ist, seine Hände hingegen sein Leben bedeuten, denn er ist Konzertpianist.

Die Verzweiflung des Verwundeten zu sehen, holt Dr. Winchester von seinem hohen Ross herunter und setzt ihm unglaublich zu. Er will dem Verwundeten eine Perspektive aufzeigen, dass seine überragende Begabung auch mit dem Verlust der Fingerfertigkeit der rechten Hand nicht verschwunden sei, sondern es auch in dieser Situation einen Weg gäbe. Er erzählt ihm von dem Pianisten Paul Wittgenstein, der im 1. Weltkrieg seine rechte Hand verlor und trotzdem als Pianist weiter arbeitete und besorgt die Notenblätter zu Ravels Klavierkonzert für die linke Hand, welches dieser für Wittgenstein schrieb …

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Ringelpietz mit Anfassen

Für einen introvertierten Menschen mit geringem Interesse an sozialem Kontakt, der sich schnell durch andere Menschen belästigt und bedrängt fühlt und dann mit kühlem Hochmut und Sarkasmus reagiert, wenn das nicht reicht auch mit Aggression, ist es eine Herausforderung sich einem Feld zuzuwenden, bei dem er gezwungen ist aus seiner Burg herauskommen zu müssen.

Genaugenommen ist es ja nicht mal die Angst vor der Emotionalität der anderen oder der eigenen Gefühlswelt, es ist die Angst vor dem Kontrollverlust. Für einen Kontrollfreak das Schlimmste, was er sich vorstellen kann. Er muss immer wenigstens ein Auge offen und eine Hand am Colt liegen haben – im übertragenen Sinne. Er ist misstrauisch, immer. Sich emotional ausliefern, das ist ihm unvorstellbar.

Die Welt da draußen ist böse und voller Gefahren, ist er überzeugt. Er muss permanent abwehrbereit sein, darf niemals eine Schwäche zeigen. Sein Fluchtinstinkt ist sehr ausgeprägt, fühlt er sich bedrängt und kann nicht flüchten (auch nicht mit Worten), wird er böse.

Nun macht er eine merkwürdige Erfahrung, die nicht in sein Weltbild zu passen scheint. Er kommt aus seiner Burg heraus, ohne Colt, nur einfach so. Er kommt heraus und nichts passiert, keiner greift ihn an. Wie kann das sein? Zaghaft schöpft er Hoffnung (er traut sich gar nicht es sich einzugestehen, das klingt so positiv). Etwas später glaubt er wieder fest an die Ausnahme, die nur die Regel bestätigt. Aber für einen Moment war er unsicher geworden. Vielleicht ist ja doch alles ganz anders als so lange geglaubt.