Halbleiter

Auf Arbeit macht sich Endzeitstimmung breit. Krankheiten und Kündigungen als apokalyptische Reiter. Absolute Unfähigkeit zur Führung des Fußvolkes tut ein Übriges. Es ist immer wieder rührend, Chef möchten sie so gerne sein bei gleichzeitiger vollständiger Abwesenheit sämtlicher dafür notwendiger Eigenschaften.

Abgründe, verschiedene

Harte Woche und ich Cheffe. Nur die Spitze des Eisberges: Die Hochbetagte, die an ihrem Geburtstagsmorgen einen veritablen Schlaganfall bekam, kurz bevor der Bürgermeister mit Gefolge zur Aufwartung antanzte. Der Versuch, einer alten Frau möglichst schonend mitzuteilen, dass ihr Geliebter im Krankenhaus gestorben ist und nie mehr wieder kommt …

Und dann das gierige Verlangen, die kleine, scharfe Azubine in einer dunklen Ecke einfach rücksichtslos über einen Tisch zu legen.

Alternativlos?

Die neue Bewohnerin ist extrem depressiv, möchte gerne tot sein, äußert das immer wieder. Sie ist schwer krank, klar im Kopf und sich ihrer Situation bewusst. Angeordnet: Obacht bei der Medikamentenausgabe. Man befürchtet, sie könnte ihre Schlaftabletten sammeln und ihren Wunsch verwirklichen. So etwas bringt mich in Verlegenheit. Habe ich das Recht einem Menschen diesen Schritt zu verwehren, wenn er nicht aus einer momentanen Verwirrung heraus geäußert wird? Was ist menschlich, was ist unmenschlich? Leben um jeden Preis als höchstes Gut? Was ist mit der Würde?

Lebensabend, de luxe

An der linken Hand schnappt eine Sehne schmerzhaft hin und her, der rechte Arm tut einfach nur so weh, vom Kopf ganz zu schweigen, dazu diese Scheiß-Hitze …  Und für jeden gestorbenen Bewohner kommt tatsächlich einer, der noch schwerer zu bewältigen ist – fetter, immobiler, verrückter. Mit den Worten einer Kollegin auf den Punkt gebracht: „Jeder Wurf wird schlechter!“ Aber wirklich jeder! Die werden schon halbtot angeliefert und halten diesen Zustand trotzdem noch wochenlang, klammern sich an ihre jämmerliche Existenz, sabbernd und schreiend. Komme mir vor wie im Feldlazarett, maximal Notversorgung möglich. „Stirb doch endlich und raub mir nicht den letzten Nerv.“ – schon oft gedacht und ein paar Mal auch schon gesagt.