Fehlfunktion, soziale

Letztens in einem anderen Heim umgesehen. Mit der kleinen Chefin dort ein bisschen unterhalten. Auch nicht besonders überzeugend. Mehr Geld, mehr Urlaub zwar, aber sonst… Ich brauch Freiraum zum agieren, wenn mir dauernd ein graues Chef-Mütterchen auf die Hände sieht, nervt mich das gewaltig.

Und überhaupt Bewerbungen zu schreiben, das hat mich immer überfordert. Dieses eitle Wichtigmachen, was man doch alles für Kenntnisse und soziale Fähigkeiten hat und wie flexibel und einsatzbereit man ist. Ich bin nicht flexibel und ich habe auch keine sozialen Fähigkeiten, mein Intellekt ist durchschnittlich und ich bin nicht übermäßig einsatzbereit. Ich brauche Geld, um ein paar Rechnungen zu bezahlen und für meine Steckenpferde. Das soziale Getue, dieses bescheuerte Team-Gewese geht mir auf die Nüsse. Ich bin schizoid bis aufs Blut und das wird bis ans Ende meiner Tage so bleiben. Ich sehe auch keinen Grund, das zu ändern. Schreiben Sie das mal alles in eine Bewerbung!

Menschenführung, inhumane

Man wird schon wieder aufdringlich. Auf Biegen und Brechen wird versucht mir eine Karriere schmackhaft zu machen. Ich könnte durch Intrige und Verrat ein Pöstchen erhalten. Interessant dabei: der Umgang mit Angestellten in dieser Firma. Sind sie verbraucht, werden sie weggeworfen. Loyalität als pure Einbahnstraße. Ich als Realist habe das nicht anders erwartet, wenn man’s dann so brutal bestätigt bekommt, ist es doch noch mal was anderes. Das soziale Mäntelchen ein bisschen gelupft, kommt die ganze asoziale Menschenverachtung der Branche zum Vorschein.

Neues Jahr, blabla …

Gestern alberner Sektempfang zwischen Tür und Angel mit eingebauter Nonsense–Konversation. Habe meinen Sekt mit ein paar Bretzeln hinuntergestürzt und mich dann davongeschlichen. Die Arbeit im sozialen Bereich ist dazu geeignet mich vollends zu asozialisieren.

Später mit der schönen E. kurz über Sonnenfinsternisse unterhalten. Auf meine Bemerkung hin, es gab erst neulich eine komplette Sonnenfinsternis (1999), sagte sie, sie könne sich nur dunkel [!] daran erinnern, da sie damals noch ein kleines Mädchen (8 Jahre) gewesen sei. Habe mich daraufhin für einen kurzen Moment wieder sehr alt gefühlt.

Verkennung

Einen lächerlichen Vortrag gehalten und dafür unangemessenes Lob geerntet. Sehr unangenehm. Ich fürchte: Man hat meine Intention noch nicht verstanden. Man hält meinen lakonischen Stil wahrscheinlich für nur kaschiertes Interesse am Sujet und Sattelfestigkeit in der Materie. Ein Irrtum. Ich möchte nur meine Arbeit machen, so gut es eben geht, ganz pragmatisch, und ansonsten meine Ruhe.

An einer Karriere habe ich kein Interesse. Jeglicher Idealismus ist mir fremd. Ich bin keiner von denen, die ihre psychischen Unzulänglichkeiten mit übersteigertem sozialen Engagement zu kompensieren versuchen. Ich versuche andere Kompensationen (die auch nur bedingt funktionieren).

Ringelpietz mit Anfassen

Für einen introvertierten Menschen mit geringem Interesse an sozialem Kontakt, der sich schnell durch andere Menschen belästigt und bedrängt fühlt und dann mit kühlem Hochmut und Sarkasmus reagiert, wenn das nicht reicht auch mit Aggression, ist es eine Herausforderung sich einem Feld zuzuwenden, bei dem er gezwungen ist aus seiner Burg herauskommen zu müssen.

Genaugenommen ist es ja nicht mal die Angst vor der Emotionalität der anderen oder der eigenen Gefühlswelt, es ist die Angst vor dem Kontrollverlust. Für einen Kontrollfreak das Schlimmste, was er sich vorstellen kann. Er muss immer wenigstens ein Auge offen und eine Hand am Colt liegen haben – im übertragenen Sinne. Er ist misstrauisch, immer. Sich emotional ausliefern, das ist ihm unvorstellbar.

Die Welt da draußen ist böse und voller Gefahren, ist er überzeugt. Er muss permanent abwehrbereit sein, darf niemals eine Schwäche zeigen. Sein Fluchtinstinkt ist sehr ausgeprägt, fühlt er sich bedrängt und kann nicht flüchten (auch nicht mit Worten), wird er böse.

Nun macht er eine merkwürdige Erfahrung, die nicht in sein Weltbild zu passen scheint. Er kommt aus seiner Burg heraus, ohne Colt, nur einfach so. Er kommt heraus und nichts passiert, keiner greift ihn an. Wie kann das sein? Zaghaft schöpft er Hoffnung (er traut sich gar nicht es sich einzugestehen, das klingt so positiv). Etwas später glaubt er wieder fest an die Ausnahme, die nur die Regel bestätigt. Aber für einen Moment war er unsicher geworden. Vielleicht ist ja doch alles ganz anders als so lange geglaubt.