Kompagnon

Nachtdienst mit einem älteren Semester. Wenige Jahre vor der Rente stehend hat es ihn in die Pflege gespült. Ungefragt er erzählt mir seine Lebensgeschichte in kurzweiliger Form. Er verkörpert den Typus des umtriebigen, schlitzohrigen und improvisationsgeübten DDR-Bürgers. Auch einmal angenehm es mit einer lebenserfahrenen und lebensklugen Person zu tun zu haben. Die anderen haben in der Regel ein unterirdisches Bildungsniveau, keinerlei nennenswerte Interessen oder weiterführende Fähigkeiten, wenn man pausenloses Handygefummel nicht zählen will.

Der Abschluss der Nachtdienstsession unschön; am Morgen vergisst einer der Insassen, dass er nicht laufen kann, steht aus dem Bett auf, fällt sofort um und zieht sich bei der Gelegenheit eine monströse Platzwunde an der Schläfe nebst anderen Verletzungen zu. Ich finde ihn später in seiner großen Blutlache. Das zahlreiche Auftreten derartiger dramatischen Ereignisse hat einen gewissen abstumpfenden Effekt auf mich. Solange man das noch in der Lage ist zu erfassen, scheint es mir jedoch noch nicht so schlimm.

Dankbarkeit

Heute in der Sonne sitzend die Ereignisse der dritten Nacht nochmals reflektiert: Gegen Morgen gerade in einem anderen Geschoss gewesen als ein dumpfes Geräusch zu hören war. Ein typisches Fallgeräusch.

Nach einiger Suche den Verursacher gefunden. Eine Neunzigjährige war umgefallen, zuerst mit dem Kopf auf die Kante der Kommode dann auf den Boden. Bei meinem Eintreffen stark aus einer klaffenden Kopfwunde blutend, die linke Gesichtshälfte im Nu ein einziges Hämatom mit rotem Zombi-Auge darin. Auf dem Boden ein schnell größer werdender Blutfleck. Hundert Prozent Adrenalin in meinem Körper von jetzt auf gleich. Müdigkeit weg, Kopfschmerzen weg. Eine Erstversorgung improvisiert, garantiert unsteril. Dann Anruf in der Rettungsleitstelle, Krankenwagen war schnell da, Oma aufgeladen und ab ins Krankenhaus.

In der darauffolgenden Nacht war sie wieder da. Frisch genäht, das Gesicht vollkommen blau, das linke Auge geschwollen. Meinen Engel, meinen Retter nennt sie mich. »Ich geb dir was!«, sagt sie immer wieder. Gerührt von der Dankbarkeit der alten Frau.

Unfall

Kam gestern auf dem Heimweg an einem frischen Unfall vorbei. Mehrere Autos standen herum, dazwischen lag ein Motorrad. Der zugehörige Fahrer am Straßenrand bewegte sich nicht mehr. Man telefonierte bereits und bemühte sich um den Motorradmann.