Rolls-Royce

Wieder ein Patient mit Glioblastom. Keine Therapie. Rasanter Verfall. Gestern Atemnot, zyanotisch, krampfend, nicht ansprechbar. Keine Patientenverfügung – großartig. Notarzt mit großem Gefolge. Arzt anfangs mit typischer Arroganz-Symptomatik. Ihm von mir unterstellter Gedankengang: »Wieder ein Opa mit quersitzendem Bäuerchen.« Das Wort GLIOBLASTOM in den Raum geworfen. Ab da menschlich und medizinisch einwandfreie Arbeit. Später an Herrndorfs Aussage gedacht: »Was Status betrifft, ist Hirntumor natürlich der Mercedes unter den Krankheiten. Und das Glioblastom der Rolls-Royce.«

Unterwegs mit Isa

Endlich das Isa-Fragment »Bilder deiner großen Liebe« gelesen. Zum Schluss immer langsamer geworden, im Wissen, dass es danach endgültig vorbei ist, nichts mehr kommt. Den Titel, den Herrndorf selbst bestimmt hat, finde ich merkwürdig, großspurig und treffend zugleich. Und beim Lesen wieder der Eindruck Isa ist H. Stelle ich mir vor, wie Isa durch die Wälder und Felder rennt, sehe ich H. vor meinem geistigen Auge. Ein verrücktes, eigenwilliges und liebenswertes Wesen. Märchenhaft, traumhaft viele Szenen. Eine Konstante der Himmel und die Sterne und die Bedeutungslosigkeit der menschlichen Existenz in Relation dazu. Doch das deprimiert nicht etwa, es tröstet und schenkt Frieden.

Alter Wein?

Die neue Arbeitsstelle angetreten in einem ganz neuen, zum Teil noch unfertigen Haus. Chaotischer Anfang wie zu erwarten. Nach den ersten Tagen gleich Nachtdienst. Das Haus angesehen, zum Teil noch ohne Strom. Nachts Wind und Regen. Etwas klappert auf der Dachterrasse. Im Keller ein schlagendes Geräusch, vermutlich von Heizung oder Lüftung. Nach den Nachtdiensten der bekannte Ablauf: Erst Euphorie, dann bleierne Müdigkeit, dann Migräne, dann depressive Episode, dann Normalzustand.

»Arbeit und Struktur« beendet. Über Sterben und Sterbehilfe nachgedacht. In Herrndorfs kaputter Sprache zum Schluss, seinem dramatischen Sprachverfall (Eintrag vom 21.5.2013), eine Verwandte wiedererkannt, deren Multiinfarktdemenz sich ebenso gravierend auf das Sprachzentrum auswirkt.

Bilder einer Jugend

»Tschick« gelesen. Ein qualitativer Quantensprung gegenüber den früheren Werken Herrndorfs. Nicht ohne ein paar Macken aber doch insgesamt sehr gelungen. Das Verrückteste: Isa erinnerte mich in überwältigender Weise an H., was das unkomplizierte Verhältnis zum Sex angeht, das lose Mundwerk, die Sprunghaftigkeit und den grundguten Charakter.